Oktober 2004:  VDST-Silber Prüfungsabnahme Praxis Tauchkarriere
Foto Ablegen der Tauchausrüstung beim verunfallten Taucher

2. - 3. Oktober 2004
Sechs TG Nr. 225 bis 230
Freizeitzentrum Plittersdorf und Matschelsee

Dieses Wochenende habe ich mit einigem Herzklopfen erwartet. Denn an diesen beiden Tagen stand die Praxisabnahme für unseren VDST-Silberkurs bei meinem Tauchverein auf dem Programm. Und unserer TL2, Holger Scherr, war für seine Gründlichkeit und eine gewisse Strenge bekannt. Unser TL1, Balu, hat ihm dabei assistiert und geholfen, uns 5 Prüflinge auf die Finger zu schauen. Drei von uns wollten den VDST-Silberschein erwerben, zwei hatten sich die VDST-Goldprüfung zum Ziel gesetzt.

Um 10 Uhr morgens trafen wir uns alle auf dem Gelände des Freizeitparkes Plittersdorf. Dort hatten wir eine feststehende Unterkunft für 6 Personen (Chalet?) gemietet für die Übernachtung von Samstag auf Sonntag.

Nach einer gründlichen Vorbesprechung ging es auch gleich für den ersten Prüfungstauchgang ins Wasser. Wir sollten beim Abtauchen unsere Tauchmaske weglassen und sie erst auf 5m Tiefe aufsetzen, sodann dem Holger einen möglichst gelungenen Frog-Kick (vorwärts UND rückwärts) vorführen und anschließend einen kontrollierten Freiwasseraufstieg mit konstanter Aufstiegsgeschwindigkeit von 1m/min demonstrieren. Der Frogkick lag Holger ganz besonders am Herzen. Unser Dreistern-Anwärter Wolfgang hatte seine UW-Digitalkamera mitgebracht, die Holger kurzerhand zu einem Prüfungswerkzeug umfunktionierte: während des Tauchganges fotografierte er jeden von uns mehrfach beim Frogkick.

Nach diesem Tauchgang folgte eine ausgiebige Nachbesprechung und Begutachtung der Bilder am Laptop. Anhand der Fotos konnte er die jeweilig verwendete Ausrüstungskonfiguration sehr gut beurteilen und z.B. abstehende Ausrüstungsgegenstände gnadenlos kritisieren. Außerdem offenbarten sich auch diverse Haltungsfehler bei den Frogkick-Aufnahmen. Den armen Stefan hatte es dann arg getroffen: eigentlich wollte er sich auch von drei Sternen adeln lassen, eine aber akut einsetzende Erkältung verhinderte jedoch, dass er bei den nächsten Tauchgängen mittaucht. Der arme Kerl hat sich schwarz geärgert und sich schließlich seinem Schicksal tapfer ergeben.

Foto Unser erkältete Stefan kocht sich einen Tee

Inzwischen war es 15 Uhr nachmittags, und es hieß wieder Fertigmachen für den nächsten Prüfungstauchgang. Nach einem normalen Abstieg spielten wir dann Out-of-Air-Situationen (OOA) durch und mussten den jeweiligen Tauchpartner ein paar Minuten unter Fortsetzung des Tauchganges aus dem Oktopus mit Luft versorgen. Danach vertauschten wir die "Opferrolle" und wiederholten die Übung. Als letztes folgte wieder ein kontrollierter Freiwasseraufstieg mit angestrebter maximaler Auftauchgeschwindigkeit von 1m/min, diesmal aber mit eingebauten Stopps von 2min auf 9m und 5min auf 6m. Dort sollte dann auch jeder Prüfling nacheinander seine Boje setzen, einen letzten Stop von 3min auf 3m einhalten und schließlich langsam aufsteigen.

Wieder folgte eine gründliche Nachbesprechung. Außerdem legten wir den Schlachtplan für den Sonntag fest. Denn Holger wollte mit uns unbedingt noch an einen anderen, deutlich tieferen See fahren, um noch anspruchsvollere Übungen ansetzen zu können. So entschieden wir, am Sonntag früh mit Sack und Pack an den Matschelsee bei Lahr zu fahren. Aus Zeitgründen und wegen der Gaslogistik mussten wir aber dafür noch am späten Nachmittag in Plittersdorf einen dritten Prüfungstauchgang einbauen, damit wir danach noch am Tauchshop unsere Flaschen für den Sonntag füllen lassen konnten.

Foto Holger Scherr bei der Tauchgangsbesprechung

Also hieß es nicht wie erhofft ausruhen, sondern erneut aufrödeln und ab ins Wasser. Jetzt war ich wieder mit Holger und Christian in einer Gruppe. Wieder sollten wir ohne Maske abtauchen und diese erst in einiger Tiefe aufsetzen. Sodann musste ich meinem Buddy Christian wieder OOA anzeigen und mich für 5min an seinen Oktopus dranhängen. Danach steuerte Holger zielstrebig in Richtung Seemitte ins Freiwasser und wir tauchten an die Oberfläche auf. Dort musste ich einen Punkt am gegenüber liegenden Seeufer anpeilen. Wir wählten einen im flachen Wasser stehenden Pfahl. Ich peilte ihn sorgsam mit dem Kompass an, dann tauchten wir alle auf 5m ab und ich sollte per Kompasspeilung die Gruppe zielgenau zu diesem Pfahl führen. Konzentriert hing mein Blick am Kompass und an meinem Tiefenmesser, bis irgendwann vor uns der Grund in Sicht kam. Noch ein paar Meter und.... tataaa! Genau vor meinem Kopf tauchte der angepeilte Pfahl auf! Da hatte ich doch auf die weite Strecke eine echte Punktlandung geleistet! Dort drehten wir den Spieß dann um: Christian zeigte mir OOA an und ich gab ihm meinen Oktopus. Und schließlich musste auch Christian die Peilübung absolvieren. Zu guter letzt sollten wir als Abschluß des TG noch einen gemeinsamen kontrollierten Aufstieg mit durchgeführter Wechselatmung durchführen, und dann war auch dieser TG (endlich) zu Ende.

Foto Tauchgangsnachbesprechung

Puh, nach dem Abrödeln waren wir 1. ziemlich erschöpft und 2. ganz schön hungrig geworden. So waren wir ganz froh, dass wir bald in der Wirtschaft am See einkehren und unsere Füße unter dem Tisch langstrecken konnten. Nach dem Essen und ausgiebigem Fachsimpeln ging es dann bald in unser Chalet. Denn der Prüfungssonntag stand uns ja noch bevor.

Nach dem Frühstück am Sonntag morgen luden wir unsere Autos voll und machten uns über die Autobahn auf den Weg zum Matschelsee. Dort war der Weg am See entlang schon gut besucht von anderen Tauchern. Mit Glück fanden wir noch Plätze für unsere Fahrzeuge. Dann wurde es wieder ernst, das Briefing für den nächsten Prüfungstauchgang stand an.

Holger wollte für uns mit diesem See ja bewusst "erschwerte Bedingungen" erzeugen, denn den Plittersdorfer See als unseren "Haussee" kannten wir alle schon sehr gut, und er ist auch nicht allzu tief. Der Matschelsee hingegen soll Tiefen von über 40m aufweisen, außerdem war er für uns alle gänzlich neu, keiner von uns war jemals dort tauchen gewesen. Das wollte Holger nun "ausnutzen". Daher ordnete er nun einen Tauchgang an, den unser Goldanwärter Wolfgang führen sollte. Es waren keine besonderen Übungen offiziell angesagt worden, er solle unsere Tauchgruppe aber schnurstracks in die Seemitte führen und dabei auch deutlich Tiefe machen. Also die Zahl 40 solle er schon erreichen. Hauptaufgabe solle für ihn also die Gruppenführung und die Navigation im unbekannten See zurück zum Einstieg sein, unter Beachtung eines vernünftigen Austauchprofils.

In seinem Briefing gab Wolfgang unsere Tauchformation vor: er taucht mit Reiner im Buddyteam vorneweg, gefolgt von mir mit Christian. Also zwei Buddyteams hintereinander. Wir sollten so dicht beieinander bleiben, dass wir jederzeit Sichtkontakt zueinander haben. Alles klar? Jawohl! Also ging es ab ins und dann unter Wasser. In der planmäßigen Formation tauchten wir langsam tiefer. Es wurde immer dunkler, und die Sicht immer schlechter - eine undurchdringliche grünlich-braune Suppe. Balu und Holger mit ihren Doppel-12ern auf dem Rücken begleiteten uns links und rechts quasi als Geleitzug. Es ging vorwärts immer dicht über dem Grund aus einer fingerdicken Schicht aus ganz leichtem Sediment. Kontinuierlich ging es tiefer, erst 15m, dann 20m und schon bald 25 und 30m. Die Sicht war auch dort unten in der Tiefe extrem schlecht, nur mit Mühe konnte ich die Flossen des nur ca. zwei Meter vor mir tauchenden Buddyteams erkennen. Da es auch ziemlich kalt wurde, zwischen 7-9°C, machte ich mir Gedanken, was wohl passieren würde, wenn es nun bei meinem Buddy zu einem Vereiser käme. Schließlich hatten wir 40m Tiefe erreicht. Bald tauchte Wolfgang wieder Richtung Uferseite, langsam glitten wir höher. Bei 15m wurde es dann wieder heller und wir hatten eine etwas bessere Sicht. Dort fühlte ich mich auch gleich viel wohler.

In dem Moment kam Holger von der Seite auf mich zu und hielt mir seine Schreibtafel vor das Gesicht. "Du keine Luft, Wolfgang Oktopus". Ich quittierte mit dem Ok-Zeichen. Aha, alles klar! Holger wollte jetzt doch noch eine verschärfte Variante einfügen. Als Wolfgang sich das nächste Mal zu uns umschaute, gab ich ihm das Zeichen für "keine Luft". Routiniert kam er sofort auf mich zu und reichte mir seine alternative Luftversorgung. So tauchten wir dann planmäßig weiter, ich schwebte schräg über ihm an seinem gelben Schlauch. Im 10m-Bereich kam dann Holger wieder auf Wolfgang zu und deutete ihm an, mich weiterhin "im Schlepp" zu behalten, aber mit der ganzen Gruppe langsam auszutauchen, einen Sicherheitsstopp einzuhalten und dabei noch die Signalboje zu schießen. Das fand ich ziemlich heftig für Wolfgang - ich weiß nicht, ob ich mir das alles zugetraut hätte. Wie leicht verwickelt sich das Bojenseil, vor allem, wenn noch einen Buddy am Oktopus hängt. Wolfgang aber blieb ruhig und gelassen und führte die ganze Gruppe mit Umsicht langsam höher. Bei 5-6m gab er allen das Zeichen für den Sicherheitsstopp. Schließlich holte er seine Boje heraus und schoss sie in perfekter Tauchlage einwandfrei nach oben. Dann ging es letztendlich die letzten paar Meter ganz langsam an die Oberfläche. Geschafft!

Nach dem Abrödeln hielten wir ein ausführliches Debriefing, bei dem jeder von uns reihum seinen Kommentar zu diesem Tauchgang abgab. Ich schilderte meine Ängste auf 40m wegen einem potentiellen Vereiser bei der schlechten Sicht und tat meine Bewunderung über Wolfgang kund, wie sicher er uns mit mir am Oktopus und der Boje hochgebracht hat. Nach einer längeren Vesper- und Erholungspause kam dann die letzte aber wichtige Einheit: die Rettungs- und Abschleppübungen.

Foto Briefing am Matschelsee bei schönstem Sonnenschein Foto Tauchgangsnachbesprechung

Hierzu wurden wir in zwei Gruppen eingeteilt und machten einen kurzen Tauchgang, bei dem natürlich anfangs wieder etwas schief ging. In meiner Gruppe, geführt vom Silber-Aspiranten Christian, war TL Balu mit dabei. Der natürlich "Ärger" machte. Erst wollte er sich partout nicht an die vorher ausgemachte Tauchformation halten. Und dann simulierte er auch noch einen Vereiser an seiner Doppelflasche. Rasch hatte Christian aber seinen Oktopus parat und die richtige Flasche abgedreht. Also weiter im Tauchgang. Und jetzt kam die eigentliche Rettungsübung. Zuerst simulierte Christian das "Opfer", und ich musste ihn retten und an Land bringen. Auf 10m Tiefe am Grund habe ich in ihn im Rettungsgriff gehalten und seinen Atemregler fixiert. Dann das Opfer kontrolliert mit korrekter Aufstiegsgeschwindigkeit an die Oberfläche zu bringen halte ich für eine ziemlich schwere Übung. Insbesondere das Tarieren sowohl mit meinem als auch dem Jacket meines Opfers. Ich wollte unter allen Umständen verhindern, unkontrolliert an die Oberfläche zu schießen. Langsam ging es nach oben, und es ist mir wohl auch ganz passabel gelungen. Uff, noch mal Glück gehabt. An der Oberfläche ging es dann auch gleich weiter, denn es heißt ja keine Zeit zu verlieren. Also habe ich gleich angedeutet, zum Ufer rüberzubrüllen und Alarm zu schlagen (wir hatten vorher ausgemacht, dies nicht wirklich laut zu tun, um nicht bei anderen Personen an Land den Eindruck eines tatsächlichen Unfalls zu erwecken). Dann habe ich Christian zum Ufer geschleppt, was wirklich körperlich sehr, sehr anstrengend ist. Er hatte halt die komplette Ausrüstung am Leib und ich ebenso (wieder hatten wir besprochen, den im Notfall gebotenen Bleiabwurf wegzulassen).

Foto Mühsam schleppe ich Christian ans Ufer

Meine gewählte Abschleppmethode war die, das Jacket meines Opfers weit aufzublasen, ihn auf den Rücken zu drehen, und ich legte mich dann fast rittlings auf Christian drauf. So hatte ich sein Gesicht direkt vor mir, konnte seinen Atemregler fixieren, hatte den Blick zum Ufer frei und konnte mit den Beinen kräftig flosseln. Aber wie gesagt, der Weg zum Ufer schien mir endlos.... Dann am Ufer die nächste Hürde: ihn ein paar Meter aufs Festland zu hieven. Nochmal ein angedeuteter Hilferuf, dann legte ich rasch meine eigene Ausrüstung ab, um Bewegungsfreiheit zu bekommen. Jetzt machte ich bei Christian alle Verschlüsse auf und schälte ihn aus dem Jacket und nahm im seine Maske ab. So schleppte ich ihn auf dem rutschigen Gras ein paar Meter die flache Böschung hoch. Da merkt man erst einmal, wie schwer ein Mensch auf einmal ist, wenn er sich völlig regungslos und "schlaff" verhält. Ich kam dabei ganz schön ausser Atem! Nun noch der "Diagnostische Block": Opfer ansprechbar? Laut und deutlich ansprechen, etwas an der Schulter rütteln. Fehlanzeige. Atem vorhanden? Also ganz runterbeugen über sein Gesicht, eine Hand auf den Brustkorb legen und auf Atemfunktionen achten. Wieder angedeutete Fehlanzeige. Jetzt nicht mehr nach dem Puls fahnden, sondern direkt mit der Herz-Lungen-Wiederbelebung beginnen. Ich tat Christian den Gefallen und begann nicht, auf seine Brust einzudrücken, sondern schilderte Balu verbal die HLW-Methode. Balu hatte ja meine ganze Rettungsaktion kritisch begutachtet, und so kam auch gleich ein rasches Feedback.

Foto Ablegen der Tauchausrüstung beim verunfallten Taucher

Jetzt tauschten wir die Rollen, denn Christian musste ja auch noch seine Rettungsqualitäten beweisen. Diesmal war ich an der Reihe, das Opfer zu spielen. Auch Christian rettete mich aus den gefährlichen Untiefen und brachte mich sorgsam an die Oberfläche. Dort war es nun richtig erholsam nach der Anstrengung, dass ich mich nun regungslos abschleppen lassen durfte!! Ich war aber überrascht, wie rasch und problemlos er es schaffte, mich am Ufer aus dem Wasser zu ziehen, denn ich selber hatte mit ihm viel mehr gekämpft.

Foto Christian schleppt mich an das rettende Ufer

Nun gut, die Rettungsübung war schließlich von allen bewältigt und wir waren alle ziemlich erschöpft nach dem langen Tag und den ganzen Prüfungseinheiten. Wir besprachen nochmals in der Gruppe die Rettungsübungen und was man besser oder anders machen kann. Holger gab uns ein paar ganz gute Tipps mit auf den Weg.

Dann endlich, mit feierlicher Miene, verkündete Holger das Ergebnis der Praxis-Prüfungstauchgänge: alle Teilnehmer hatten den Praxisteil der jeweiligen Brevetstufe bestanden: Wolfgang seine Goldplakette, und wir übrigen unsere Silber-Abzeichen. Allerdings unter einem Vorbehalt: wir hatten alle noch die theoretische schriftliche Prüfung zu absolvieren. Aber der Praxisteil war erstmal geschafft !!

Die schriftliche Prüfung haben wir einige Zeit später in unserem Clubheim abgehalten. Alle Silberanwärter hatten sie bestanden, nur unser Gold-Kandidat Wolfgang war in der Theorieprüfung knapp durchgefallen. Uff, und seitdem ziert der Silber-Taucher-Bäpper meinen Tauchpass!

Foto Mein VDST Silber-Abzeichen!


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